Zu Pfingsten machte sich wieder eine Gruppe aus Pinkafeld unter der Leitung von Josef Reithofer zu Fuß auf den Weg. Bernadette Kalcher, die auch Teil der Gruppe sein durfte, beleuchtet im Interview mit ihm Motive, Erfahrungen und Erkenntnisse.
Seit Jahrhunderten machen sich Menschen zur Gottesmutter nach Mariazell auf, um vor ihrem Gnadenbild zu danken, aber auch Schutz und Hilfe zu erbitten. Wofür machst Du Dich auf den Weg und nimmst die vielen Mühen auf dich, die Fußwallfahrt für uns alle zu organisieren?
Pilgern ist für mich: „Beten mit den Füßen“. Der Wunsch war immer, einmal nach Mariazell zu gehen. Aber nach dem ersten Mal war klar, dass es nicht bei dem einen Mal bleiben wird, sondern dass es immer wieder die Sehnsucht danach gibt. Die Organisation hat Franz (Bobby) Binder an mich übergeben, der es jahrzehntelang gemacht hat.
Ich gehe eigentlich aus Dankbarkeit, dass das Jahr wieder gut vorbeigegangen ist und dass die Familie gesund ist. Und darüber hinaus: dass wir in einer Welt leben können, wo wir unseren Glauben frei ausleben können. Dafür können wir schon dankbar sein und ein bisserl eine Anstrengung auf uns nehmen.
Gibt es gesellschaftliche Themen, wofür du glaubst, dass wir heutzutage bitten sollten?
Mich beschäftigen Themen wie: Unruhen auf der Welt, Kriegszustände, Menschen die flüchten müssen und immer noch gibt es viele Staaten, wo sich die Menschen nicht so frei bewegen können wie wir.
Sternförmig führen Wege nach Mariazell. In diesem Jahr führte uns der „Wiener Wallfahrerweg“ von Muggendorf bei den Myrafällen über Rohr im Gebirge und St. Ägyd im Neuwalde nach Mariazell. Du hast dir zum Ziel gemacht, einige dieser Wege mit uns zu beschreiten?
Das kam so: Während Corona mussten wir pausieren. Einige Berufstätige hatten auch gebeten, eine nur dreitägige Wallfahrt zu organisieren. Zudem sind zwischenzeitlich die Unterkünfte auf unserer früheren Strecke nicht mehr ausreichend vorhanden. So war ich gefordert, Varianten zu suchen, wo ausreichend Unterkünfte zur Verfügung stehen, wo die Tagesetappen nicht zu lang oder zu anspruchsvoll, z.B. zu steil werden und wo es ausreichend Pause- und Labmöglichkeiten am Weg gibt.
Ich hatte mich mit dem Buch „Pilgerwege in Österreich“ beschäftigt und im Vorjahr gingen wir von Fischbach in der Steiermark weg. Ich selbst war auch den „Wiener Wallfahrerweg“ schon gegangen und wusste, dass der Weg sehr schön ist. Nun ist ein Jahr Zeit, um wieder nach neuen Varianten Ausschau zu halten.
Warum geht die Gruppe aus der Pfarre Pinkafeld immer zu Pfingsten nach Mariazell?
Zunächst wurde die langjährige Tradition fortgesetzt, diesen Termin herzunehmen. Der Heilige Geist wirkt, das war auch heuer wieder besonders in der Gruppe spürbar.
„Die Luft ist draußen“ hört man aktuell von Vielen. Die Anforderungen in Familie und Beruf sind sehr hoch. Wie passt das Thema Erschöpfung zu „sich auf den Weg machen“, zumal man im Vorhinein weiß, dass die Anstrengung sehr hoch sein wird?
Tatsächlich ist eine mehrtägige Wallfahrt mit körperlichen Strapazen verbunden. Vor allem die Steigungen des ersten Tages haben uns schon zu schaffen gemacht, aber umso größer war dann die Freude, den Weg bewältigt zu haben.
Viele sind im Alltag sehr eingespannt, haben permanent viele Dinge zu erledigen, oft Vieles gleichzeitig. Bei der Fußwallfahrt macht man die Erfahrung, dass etwas fertig ist, man zunächst am Tagesziel und zuletzt am Ziel in Mariazell angekommen ist, ist das vielleicht das Besondere?
Wallfahrten wirkt für mich wie ein Breitbandmedikament. Das Gehen stärkt den Körper und den Kreislauf. Die Betrachtung der Natur und der Schöpfung stärkt den Geist und das gemeinsame Gebet und die Meditation die Seele. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade, wenn man sich erschöpft und ausgelaugt fühlt, diese Erfahrungen wichtig sein könnten.
Zudem gibt es die Erfahrung, eingebettet in die Gruppe auf dem Weg zu sein. Wir waren eine sehr harmonische Gemeinschaft. Wenn man in so einer Gruppe geht und sich gut versteht, wird auch die Bewältigung des Gehens leichter. Die Gemeinschaft nimmt dich mit.
Im gemeinsamen Gespräch miteinander öffnet man sich, erfährt viele Dinge voneinander. Durchs Wallfahrten lernt man viele Menschen kennen. Der gemeinsame Weg verbindet und öffnet, man weiß eigentlich viel voneinander, immer wieder entstehen auch neue Freundschaften. Möglicherweise ist es so, dass dadurch, dass man im Pilgern und Gebet verbunden ist, diese Verbindung auch über die Wallfahrt hinaus bleibt. Man betet auch füreinander, v.a. wenn es jemand gesundheitlich schlecht geht.
Diesmal waren wir eine Gruppe von 22 Personen, zwei mussten leider gesundheitsbedingt am ersten Tag abbrechen. Wir blieben mit ihnen in Verbindung, haben sie im Geiste weiter mitgenommen.
Wie stellt sich die Gruppe zusammen?
Es gibt immer einige „Stammgeher:innen“, einige gehen immer wieder einmal mit und jedes Jahr gibt es auch Menschen, die es das erste Mal wagen, mitzugehen. Ein wenig Grundkondition braucht man schon, aber mit Zuspruch ist Vieles zu bewältigen.
Es gibt im Laufe eines Jahres immer mehrere Wallfahrten und wenn man sich unsicher ist, ob man ausreichend fit für eine mehrtägige Fußwallfahrt ist, bietet sich die Gelegenheit, an diesen ein- bis zweitägigen Vorbereitungswallfahrten teilzunehmen.
Was sind die nächsten Fußwallfahrten?
Von 26. bis 27. August 2023 gehen wir in zwei Etappen von Pinkafeld nach Maria Schutz, dann kommt im September die gelobte Wallfahrt nach Pinggau und am letzten Sonntag des Rosenkranzmonats Oktober pilgern wir zum Gnadenbild von Lockenhaus.
Ist die Verantwortung der Organisation und für die Gruppe groß?
Ja, aber tragbar. Für mich gilt der Grundsatz: „Wenn ich etwas mache, dann ganz“. Halbe Sachen bringen im Leben nichts. Daher wird alles genau vorbereitet: Weg, Unterbringung, Labmöglichkeiten, Zeitvorgaben, z.B. um rechtzeitig zur Heiligen Messe am Ziel zu sein. Dazu gibt es Begleithefte mit Morgen- und Abendlobe sowie einigen Texten und Informationen zur Wallfahrt für alle. Diese Hefte konnten die Teilnehmenden mitnehmen, sodass sie auch zur Erinnerung nach unserer gemeinsamen Wallfahrt diese Texte und Gebete zur Verfügung haben.
Mir ist auch wichtig, mich bei allen zu bedanken, die zum Gelingen der Wallfahrt in irgendeiner Form beigetragen haben. Zum Beispiel hat uns die Wirtin am dritten Tag das Frühstück bereits um 6:00 Uhr zur Verfügung gestellt, damit wir rechtzeitig zum Gottesdienst um 16:00 Uhr in Mariazell sein konnten. Als ich mich bei ihr bedankte, antwortete sie mit: „Danke für die netten Worte, freundliche Menschen bedient man gerne.“
Was war heuer auf der Fußwallfahrt nach Mariazell einer der bewegendsten Momente für dich?
Als wir am Ende des Rosenkranzweges, bereits in Mariazell angekommen, den ersten Blick auf die nahe Basilika bekamen (siehe Foto). Da wusste ich: „Es ist alles gutgegangen, wir sind gut angekommen!“
Eine Gruppe aus Pinkafeld, die schon mit dem Bus angereist war, begrüßte uns und als krönenden Abschluss feierten Pfarrer Leon und Aushilfspriester Jean Dominique mit uns einen Gottesdienst in der Basilika.
Herr, ich bin unterwegs zu Dir und mit Dir.
Schritt für Schritt -Gedanken kommen und gehen.
Ich betrachte die Natur und bin erfüllt von Deiner Schöpferkraft.
Du bist groß, gewaltig und herrlich.
Und doch bist Du mein Vater - barmherzig, geduldig, liebend.
Menschen gehen mit mir, wir kommen ins Gespräch und beten miteinander.
Vieles fällt mir dadurch leichter in meinem Leben.
Herr, Du bist mein Wegbegleiter - heute - morgen - alle Tage.
Immer näher komme ich dem Ziel und freue mich aufs Ankommen.
Erschöpft, müde und doch stolz meinen Weg geschafft zu haben.
Herr, danke, dass Du meine Kraft, meine Zuversicht, mein Licht bist.
(Quelle unbekannt)
Fotos: Josef Reithofer
Text: Bernadette Kalcher