Die Bilder von Joseph Führich gelten als weltweit bekannteste Darstellung der 14 Kreuzwegstationen. Im Stephansdom trafen sie am 12. März in einer besonderen Kreuzwegandacht auf Orgelmusik von Johann Sebastian Bach, vorgetragen vom Organisten unserer Pfarre, Peter Tiefengraber.
Kreuzweg vom Freitag, 12. März 2021, Stephansdom Wien, zur Nachbetrachtung
Vor zehn Jahren waren die Bilder zum Karfreitagskreuzweg mit Papst Benedikt im Kolosseum in Rom präsent. Inmitten der Fastenzeit, am Freitag, 12. März, lud der Stephansdom zu einer besonderen Kreuzwegandacht mit Kunstmalerei, Poesie und erlesener Orgelkunst zur Passion Jesu Christi. Im Mittelpunkt der Anschauung standen die berühmten Kreuzwegbilder Führichs. Orgelmusik von Johann Sebastian Bach, Betrachtungen von Bernhard Rittinger und Chormusik mit Texten von Peter Gerloff vertieften den Blick.
Mehr als 800 Mal wurde Führichs Prototyp von nachfolgenden Künstlern kopiert. Vor einigen Jahren widmete gar die Albertina dem Werk eine Ausstellung. Joseph Führich, der „Theologe mit dem Stift“, stammte aus Böhmen und lebte und wirkte ab 1838 bis zu seinem Tod in Wien. Im Auftrag von Kaiser Franz Joseph sollte er auch an der Innenausstattung des Stephansdoms arbeiten. Für die Kirche St. Johann Nepomuk in der Praterstraße in Wien-Leopoldstadt schuf Führich in den Jahren 1844 – 1846 einen Zyklus von monumentalen Kreuzwegbildern, der zeitgerecht zur Weihe der Kirche im Oktober 1846 fertiggestellt worden war. Die Kunstwerke haben heuer also das 175-Jahr-Jubiläum.
Zu den Bildern, die im Sinne einer „Biblia pauperum“ („Armenbibel“) ausdrucksstark gestaltet sind, verfasste der Kunsthistoriker Bernhard Rittinger Betrachtungen, die den Interessierten in die jeweilige Bildkonzeption einführen und ihn zugleich anhand des im Bild festgehaltenen Geschehens zur Compassion, zum Mitleid(en) anleiten. Rittinger, ein Ururenkel Führichs, war Leiter des Wiener Dom- und Diözesanmuseums und unterrichtete langjährig an der Universität, an der Akademie der bildenden Künste sowie am Sacre coeur in Wien; im Februar 2000 ist er 54-jährig allzu früh verstorben.
Zur Betrachtung der Malerei in der erhabenen Aura des Stephansdoms wurde eine entsprechende musikalische Begleitung vorgesehen. Johann Sebastian Bachs Variationen über den Passionschoral „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ zählen zu den Top-Stücken in seinem Orgelschaffen, sie gelten allgemein als „Vollendung der Partitenkunst“.
Zur Interpretation wurde der Organist unserer Pfarre, Peter Tiefengraber, in den Stephansdom eingeladen. Tiefengraber ist als Künstlerpersönlichkeit weit bekannt. Ungeachtet seiner verhältnismäßig jungen Jahre zählt er zweifellos zu den besten Kirchenmusikern in Österreich. Wenige Tage vor seinem 30. Geburtstag integrierte er Bachs Orgelwerk an den drei Orgeln des Stephansdoms – Haydn-Orgel, Chororgel und Riesenorgel – in die Kreuzwegandacht.
Der Gesang: Auf Einladung der Diözese Eisenstadt verfasste der deutsche Priester Peter Gerloff im vorigen Jahr zu der aus dem 17. Jahrhundert tradierten Melodie „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ 14 Strophen zu den Kreuzwegstationen. Gerloff gilt als einer der gefragtesten Kirchenliedautoren unserer Zeit. Auch im katholischen Gesang- und Gebetbuch „Gotteslob“ sind seine Texte mehrfach verwendet. In Gerloffs Poesie erhebt sich der alte Passionschoral zum Refrain, der den Stationen im schlichten Chorsatz vorangestellt wird und das Geschehen musikalisch skizziert.
Zum Mitlesen: Feierheft zum Kreuzweg
Fotos: Rainer Tiefengraber