Pfingsten gehört zu den großen christlichen Festen, wie Ostern und Weihnachten. Das Pfingstfest beendet am 50. Tag die Osterzeit und den Osterfestkreis. Pfingsten, das Fest der Geistsendung, ist für viele Menschen eine willkommene Abwechslung im Alltagstrott, für nicht wenige Christen bleibt sie auch die große Unbekannte. Wer ist dieser Geist Gottes? Was bewirkt er, wie wirkt er und was kann er? Und was will er? Pfingsten mit dem vorausgehenden Fest Christi Himmelfahrt ist, wie Weihnachten und Ostern, die Erinnerung, das Gedächtnis und die Feier des heilsgeschichtlichen Wirkens Gottes. Seine Geschichte mit seiner Welt und mit seinen Menschen ist keine Zufallsgeschichte, sondern eine Heilsgeschichte.
Ob aber Weihnachten und Ostern, das Fest der Menschwerdung Gottes und das Fest der Auferstehung Christi besser verstanden werden, würde ich bezweifeln. Weihnachten ist laut und schreiend geworden, weit weg von der Wirklichkeit der Menschwerdung und Ostern mit dem Kreuz und allen Durchkreuzungen, mit seinem Leben, das nur von Gott geweckt werden kann, bleibt eine Provokation. Alle diese Ereignisse, die die Christen feiern, sind weit mehr als eine intellektuelle Denkanstrengung, sie bleiben die große Einladung Gottes an die Menschen, sich diesem Gott und den Menschen auszusetzen. Weihnachtsmänner, Weihnachtsengel und Osterhasen aus Schokolade und Marzipan sind keine theologische Erklärung, sie zählen, wenn sie stimmig sind, zu unserem Brauchtum und zum christlichen Kulturgut, wofür wir uns nicht schämen müssen. Pfingsten kennt das alles nicht: Keinen Heiligen Geist aus Schokolade und Marzipan, keine Feuerflammen zum Naschen, nicht einmal ein Pfingstfeuer, keinen Truthahn, keinen Schinken und keine Ostereier. Pfingsten ist auch kein kommerzielles Fest, es schreit nicht, es treibt die Menschen nicht vor sich her. Es ist realistisch und fordernd, es überfordert und ist gerade deshalb so notwendig.
Glauben, hoffen, lieben, vertrauen, beten, trösten, wagen, danken – das alles geht ohne den Geist Gottes nicht. Wenn der Mensch über sich hinauswächst, Gott entdeckt, das Leben sucht, zum Lebensbringer wird, zu lieben wagt und die Auferstehung glaubt, die eigene Menschwerdung vorantreibt, Gutes tut, die Wunden verbindet, Begegnung übt, Schönes stiftet, Versöhnung wagt, Vergebung übt und das tut, was „man“ gewöhnlich nicht tut und zudem weise ist, dann wirkt Gottes Geist. Geistloses gibt es im Übermaß, Geistvolles muss immer errungen werden. Charismatiker sind nicht jene, die viel reden. Das Geschwätz und die strapazierte Zungenrede sind keine Kennzeichen des Geistes Gottes, sondern das Zuhören und Verstehen. Wissen ist nicht Weisheit, auch Gottlosigkeit ist keine Stärke.
Es heißt: Pfingsten sei die Geburtsstunde der Kirche. Das ist nicht so daneben. Aber Pfingsten ist noch viel mehr: Dieses Fest ist eine Zumutung Gottes. Er macht Mut, uns der Normalisierung des Gewöhnlichen entgegenzustellen, das Große zu wagen, die Welt zu gestalten, geistvoll zu leben und Geistbeschenkte zu werden. Pfingsten ist ein Fest der heiligen Unruhe. Es ist schön, dieses Fest zu feiern und uns mit den Gaben des Geistes Gottes beschenken zu lassen, vor allem dann, wenn die Begabungen, Charismen und Talente, wenn die Zusagen Gottes schon verkümmert und erloschen sind.
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